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Das "Pleißenland" familiengeschichtlich betrachtet

Das Pleißenland mit seiner Hauptstadt Altenburg wird vom Vogtland im Süden, vom Leipziger Land im Norden, westlich von der Elster und östlich von der Mulde begrenzt. Dieses Gebiet ist ein uraltes Siedlungsgebiet. Zahlreiche Stämme und Völkerschaften lebten in diesem Gebiet. Sie lebten wohl ursprünglich in Sippen oder Großfamilien, später aber in Familien bzw. Familienverbänden zusammen. Ursprünglich wurden die Familienmitglieder nur durch einen Vornamen unterschieden. Anlässlich der Christianisierung des Pleißenlandes erhielten alle zum Christentum bekehrten Bewohner einen christlichen Vornamen. Diese christlichen Vornamen bilden auch heute noch den Grundstock des hiesigen Vornamenschatzes. Familienforschung im heutigen Sinne erfordert das Vorhandensein einer Schriftsprache. Als unerlässliches Mittel zur Verwaltung brachten bei der Christianisierung die Herrschenden ihre Schrift mit in das Pleißenland. Die ältesten Urkunden enthalten nur Vornamen der herrschenden Oberschicht. Später wurden Verwaltungsvorgänge in Akten aufgezeichnet. Urkunden und Akten werden in der Regel in Archiven aufbewahrt. Infolge von Veränderungen der Herrschaftsverhältnisse im Pleißenland findet man heute die Archivalien an den unterschiedlichsten Orten. So liegen Akten über Altenburg auch in Weimar, Gotha, Naumburg und Zeitz sowie in Dresden. Über Zipsendorf sind Beispielsweise Dokumente in Magdeburg zu finden und anderes familiengeschichtliches Material liegt wiederum in Dresden oder Leipzig. Die Berichte früherer bekannter Familienforscher wie Kuno Apel, Dr. Nerlich und Paul Leidner über ihre Reisen in auswärtige Archive sind im Staatsarchiv Altenburg erhalten. Die Geburtsstunde der modernen Familienforschung liegt auch im Pleißenland bei der Herausbildung der Familiennamen. Wer sich intensiv mit der Familienforschung im Pleißenland beschäftigt, muss feststellen, dass es dafür eine lange Tradition gibt. Nicht ohne Grund wird zu Recht gesagt, dass der sächsisch thüringische Raum vor 1933 das Kernland der Genealogie in Deutschland gewesen ist. Dem größten mitteldeutschen Verein, der 1904 in Leipzig gegründeten „Zentralstelle für deutsche Personen- und Familiengeschichte e. V.“ gehörten 1922 sechs Altenburger als Mitglieder an, darunter Justizrat Rudolf Hase und Finanzrat Hans Löbe. Später kam dann noch der Bergbauinspektor Fritz Gerich hinzu. Der Verein bewahrte seine Forschungsergebnisse in der Deutschen Bücherei, heute Deutsche Nationalbibliothek, auf. Diese bilden auch heute noch die Grundlage für weitergehende Forschungen. Ein namhafter Verein war auch der „Roland“, Verein zur Förderung der Stammkunde in Dresden, gegründet 1902. Das Verzeichnis seiner Mitglieder vom Jahre 1907 weist sieben Altenburger Namen auf, die wohl als die ersten bürgerlichen Altenburger Familienforscher anzusprechen sind: Franklin Clauder, wohnhaft Fröhliche Wiederkunft, Rechtsanwalt Alfred Lots († 1936) aus Altenburg, Stadtrat Karl Pierer aus Altenburg, Oberförster Schellenberg aus Lehma, die Altenburger Verlagsbuchhändler Emil und Walter Vogt und Oberlehrer Paul Leidner aus Windischleuba. Nach dem I. Weltkrieg - das Herzogtum Sachsen Altenburg war nach einem kurzem Intermezzo als Freistaat in dem Land Thüringen aufgegangen - erlebte die Familienforschung ihre zweite Blüte im Altenburger Land. Notzeiten in der deutschen Geschichte sind meist auch Zeiten der Selbstbesinnung gewesen. Die verstärkten Aktivitäten der Familienforscher und das Bedürfnis zum Zusammenkommen mit Trägern gleichen Familiennamens führte zu Gründungen von Familienverbänden, die es allerdings vereinzelt auch schon vor der Revolution von 1918 gab. 1900 Gründete der Lehrer, Kantor und Heimatforscher Walter Görner in Kohren (heute Kohren-Sahlis) den „Familienverband der Gerner, Goerner, Görner.“ Außerdem gründete der aus Windischleuba stammende Oberlehrer Paul Leidner am 15. Mai 1921 in Altenburg den Familienverband Leidner. 1926 bildete sich die Familiengemeinschaft Lory und im gleichen Jahr der Nitzsche-Nitzsche Verband. 1927 wurde der Familienverband der Nachkommen des Ratsverwandten Wolfgang Hempel aus Dippoldiswalde gebildet. Im November 1928 gründete Paul Leidner zusammen mit diesen Familienverbänden die „Arbeitsgemeinschaft Altenburger Familienverbände und Freunde der Familienforschung“, deren Vorsitz er bis zu ihrer, von der Sowjetischen Militärverwaltung angeordneten Auflösung 1945 inne hatte. Seit 1997 gibt es im Zentrum des Pleißenlandes wieder eine organisierte Familienforschung. Mit Datum vom 1. Januar 1997 wurde den Altenburger Familienforschern vom Vorstand der „Arbeitsgemeinschaft für mitteldeutsche Familienforschung e. V. (AMF)“ die Gründungsurkunde für den AMF – Arbeitskreis „Altenburger Land“ übergeben. Von Beginn an war der Arbeitskreis nicht nur für AMF-Mitglieder, sondern für alle an der Familienforschung interessierten offen. Die einzige Bedingung ist die Teilnahme an einen uneigennützigen Erfahrungsaustausch. In diesem Sinne sollen auch unsere Mitteilungen wirken.

Karlheinz Weidenbruch