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Eine Briefmarke mit einem Altenburger Bauernhaus in Lehma 

Die Überwindung eines toten Punktes in meiner Forschung

Vor 42 Jahren , korrekt am 1. 11. 1966 , wurde von der Deutschen Post eine Briefmarkenserie „Thüringer Trachten“ herausgegeben. Auf dem zugehörigen Ersttagsbrief ist ein Bauernhaus abgebildet. Es handelt sich um Gut Nr. 7 in Lehma. Schon im Jahre 1906 wurde das Gut im Buch „Das Bauernhaus im Deutschen Reich und seinen Grenzgebieten“ erwähnt. Über den Oberlaubengang seines Stallgebäudes mit seinen 8 Öffnungen gibt es einige Veröffentlichungen. Auf dem Ersttagsbrief sind Oberstock und Giebeldreieck des Wohnhauses mit den reichen Verzierungen durch Andreaskreuze , die von geschweiften, zu Rauten vereinigten Viertelbögen überdeckt sind, gut getroffen. Erst viele Jahre später sollte mir bewußt werden , welche besondere Bedeutung der Brief und das Haus für mich persönlich bekommen würde. In meiner Familienforschung hatte ich als meinen Vorfahren Barthol Lorenz, in Lehma ansässig , ermittelt. Bei Pfarrer Herfurth in Treben fand ich im Kirchenbuch lediglich einen Eintrag über seine Beerdigung am 14. Februar 1689 , rein gar nichts über seine Taufe oder Trauung ; nur der Vorname seiner Frau, Maria ,war noch über die Taufen ihrer drei Kinder in Lehma zu ermitteln. Aber auch ihre Herkunft blieb vorerst im Dunkeln. Nun versuchte ich bei den in der Literatur bekannten Altenburger Familienforschern weiter zu kommen. Fündig wurde ich im Familienarchiv Leidner, im Mitteilungsblatt dieses Familienverbandes „Der Webschütze“. Im Heft 20 vom Juni 1966 wurde die Ahnentafel der Frau Wally Leidner geb. Erler ( 1886 -1938 ) mit Verzeichnis der darin vorkommenden Familien und ihrer ersten und letzten urkundlichen Erwähnung behandelt. Dort fand ich Lorentz - Lehma 1689-1746. Während bei anderen Familien Paul Leidner die Vorfahren seiner Frau recht gut ermittelt hat, z. B. Graichen (Altmörbitz, Kraschwitz 1564-1803) oder Köhler (Gerstenberg, Kriebitzsch, Schlauditz, Oberleupten, Mockern 1450-1823); war er offenbar bei Lorenz ( + 1689 ) nicht weiter gekommen! Es sei hier angemerkt , daß sich diese Ahnentafel im Thüringischen Staatsarchiv zu Altenburg befindet. Wenn die Kirchenbücher nicht weiter helfen , muß die Geschichte der Grundstücke ermittelt werden . Auch hier half die regionale Heimatliteratur weiter: Die „Altenburger Heimat Blätter“ (Nr. 11 vom 14. 11. 1935) berichteten: Zum neuen Dorf Neubraunshain sind an Ländereien der Flur Lehma genommen worden (zwischen 1686 u. 1689):

60 ¾ Acker vom ehemals Lieboldschen Gut, 39 Acker vom ehemals Etzoldschen Gut, 14 Acker vom Barthol Lorenzschen Gut, 1 Acker vom Zacharias Wildenhainischen Handgut, 2 Acker vom Andreas Schadeschen Handgut, 1 Acker vom Georg Heinickeschen Handgut.

Barthol Lorenz hat also noch die Gründung von Neubraunshain erlebt. Leider gab es dadurch immer noch keine neuen Fakten zu seiner Herkunft. Es musste also weiter gesucht werden! Hier kann in der Regel der Ortschronist weiterhelfen; so übermittelte mir Herr Horst Schumann aus der Dorfchronik Lehma die Besitzer des Gutes Hauptstr. 7:

Barthol Lorenz

1700 Michael Pfau (aus Ponitz) Jacob Pfau Erben von Jacob Pfau

1856 Christoph Otto Apel (aus Knau) 1880 Otto Apel 1896 Valentin Emil Apel 1925 Ernst Richard Kröber 1947 Erbengemeinschaft Wally Kröber (5 Erben). Als Quelle nannte Herr Schumann u. a.:“Die Parochie von Treben“ von Ferdinand Höckner vom Jahre 1844 und den Nachtrag von 1877. Da mir bekannt war, dass Michael Pfau die mittlere Tochter Maria von Barthol Lorenz am 3. 11. 1700 geheiratet hatte, wußte ich, daß ich auf dem richtigen Wege bin. Ferdinand Höckner nennt in Lehma die Hausbesitzer -teilweise zurückgehend bis 1515 - aber nicht den Vorbesitzer vom Lorenzschen Gut! Nun konnten nur noch die Lehn- u. Handelsbücher im Thüringischen Staatsarchiv zu Altenburg weiterhelfen. Mit Unterstützung der dortigen Mitarbeiterin , Frau Lorenz, konnte im Handelsbuch des Fürstl. u. St. Georgenstiftes vom Jahre 1698-1699 (CI Loc. 1 Nr. 1) der Vertrag Nr. 230 gefunden werden: Hier wurde der Verkauf des von Barthol Lorenz zu Lehma hinterlassenen Pferdefrohngutes an seine Tochter Elisabeth abgehandelt:

  • Barthol Lorenz stammt aus Starkenberg und war 1677 mit seiner Frau Maria und seiner ältesten Tochter Anna nach Lehma gekommen
  • Maria Lorenz hatte wieder geheiratet, Hans Kanth, ihr neuer Ehemann , hatte 1691 das Lorenzsche Gut auf 14 Jahre bis Ostern 1705 gepachtet
  • Anna , die älteste Tochter , war nunmehr mit Michael Thurm aus Ruppersdorf verheiratet . Es sei angemerkt , daß die Käuferin Elisabeth 1705 Elias Graichen aus Kraschwitz geheiratet hat und dorthin zog ; damit konnte ihre o. g. Schwester Maria in Lehma bleiben. Mit der Unterstützung von Pfarrer Siegesmund, welcher seiner Zeit in Monstab war, konnte nun ermittelt werden :
  • Barthol Lorenz ist nicht in Starkenberg geboren , sondern wohl in Tanna, wo sein Vater Hans Lorenz herstammt.
  • Maria Fröbel aus Petsa hat Barthol Lorenz als Witwer am 5. 11. 1667 in Hohenkirchen geheiratet , ihre erste Tochter Anna ist in Starkenberg geboren
  • Die Fröbels sind ein alteingessenes Bauerngeschlecht in Petsa, der älteste, bisher bekannte

Vorfahr von Maria , ein Paul Fröbel, wurde 1590 in Petsa geboren. Auch der Versuch, den Vorbesitzer des Gutes in Lehma zu ermitteln, war erfolgreich: Es fand sich im Thür. Staatsarchiv (AGA CI Loc. 1 Nr.53 Seite 178) ein Hinweis auf den Kaufvertrag vom Juni 1677 zwischen Herrn Christian Ulrich von Harstall, Fürstl. Sächs. Kammerjunker und Vicestallmeister aus Altenburg, wo dieser sein erblich besessenes Pferdnerfrohngut in Lehma für 1400 f an Barthol Lorenz verkauft. Der Vertrag wurde am 4. Juli 1677 vom Fürstl. Sächs. Amtmann Johann Georg Döhler ratifiziert. Danach hatte Barthol Lorenz jährlich folgende Lehngelder zu entrichten:

  • an das Fürstl. Amt : Für Sitz ( des Hofes ) und dahin gehörigen Lehnstücken: 57 f 17 g 3 d
  • in das Fürstl. Trutzsche Haus : Für eine Hufe und eine wiederverkäuflich verhandelte Wiese:

12 f 3 g 9 d Eine Briefmarke kann also nach 30 Jahren noch allerhand erzählen und ist damit ein wertvolles Dokument unserer Heimatgeschichte.

Karlheinz Weidenbruch